SCHEINWERFER – Treffen Sie die Skateboard-Familie der GESS

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Die meisten von uns kennen Skateboarding als spannende Aktivität, ausgeübt von wagemutigen Menschen. Skateboarding ist aber tatsächlich auch Wettbewerbssport und – wie wir gelernt haben – sogar seit 2020 Teil der Olympischen Spiele! Wir haben mit Herrn Balzer gesprochen, dessen Söhne Felix und Sean nach ihrem Schultag an der GESS viel Zeit mit Skateboarding verbringen und schon einige Wettbewerbe gewonnen haben.

Können Sie uns ein bisschen über Ihre Familie erzählen? Woher kommen Sie? Wie lange sind Sie schon in Singapur und an der GESS? 

Siew Bee, meine Frau hat Wurzeln in Malaysia ist aber inzwischen Singapurerin und lebt nun seit über 20 Jahren hier. Ich bin ein waschechter Hamburger „Jung“ und arbeite seit vielen Jahren international. Im Jahr 2006 bin ich nach Singapur gekommen, wo Siew Bee und ich uns sofort kennengelernt haben und seitdem zusammen sind. Der Clou ist, dass Felix und Sean sich erst entschieden haben, unser Leben zu bereichern, nachdem wir geheiratet und eine Wohnung gekauft hatten. Als ob sie darauf gewartet hätten. 

Felix ist seit 2016 an der GESS und hat noch alle „alten“ Einrichtungen genossen. Sean ist seit 2019 an der GESS und kennt nur den neuen Campus. 

Wie kam es dazu, dass ihr, Felix und Sean, so ein Interesse am Skateboarding entwickelt habt?  

Wir denken, unsere Eltern sind daran „schuld“! 😊 Meine Eltern sagen, wir waren schon immer sehr aktiv und haben beide früh mit dem Sport begonnen. Außerdem kann in unserer Familie niemand stillsitzen. Die Sportmöglichkeiten in Singapur sind auf natürliche Weise begrenzt, besonders im Outdoor-Bereich.  

Außerdem schätzen wir die Unabhängigkeit, die das Skateboarden bietet: Ein Skateboard, kein Regen, kein Team, und los geht’s. Ich (Felix) war besonders besessen von meinem Scooter. Tatsächlich bin ich, seit ich laufen kann, immer auf irgendwelchen rollenden Vehikeln unterwegs gewesen. Mein Vater hat mir dann einen Stunt-Scooter gekauft, und wir waren viel zusammen im Somerset Skatepark. Dort haben wir die Skateboarder gesehen, und als wir jeweils 3 Jahre alt waren, haben wir mit dem Skateboarding an einer Schule angefangen. 

Wir sind beide Transition-Skater und fokussieren uns auf Park-Skating (nicht Street) und, wenn möglich, auf das Vert-Skating (vertical skating). Vert ist jedoch schwierig in Singapur, da es nur eine Möglichkeit gibt, das zu praktizieren. Dann hat sich alles irgendwie verselbständigt und ist ein intensiver Teil unserer Kindheit geworden. Wir gehen, wetterabhängig, 4- bis 5-mal pro Woche zum Training, das sind dann etwa 10 bis 14 Stunden. Für Sean sind es weniger Stunden. Zusätzlich zum Skateboarding praktizieren wir auch noch andere Sportarten, hauptsächlich Schwimmen und Taekwondo. Und wir schlafen beide gut! 😊

Was gefällt euch am Skateboarding am besten? 

Skatebording ist wahrscheinlich eine der wenigen Sportarten, die auch ein Lebensgefühl repräsentieren und auch Kunst und (Sub)-Culture integriert. Uns gefallen 3 Dinge am besten: Es ist extrem, das kreative Element, und die Community. Es gibt wenige Regeln und auch keine Tricks, die man nicht machen kann. Es ist zugleich technisch sehr anspruchsvoll und fordernd. Es gibt Tricks, für die man Jahre benötigt, um sie zu meistern. Die Elemente bauen aufeinander auf. Um das zu meistern, braucht man auch ein extremes Durchhaltungsvermögen. Der Weg ist im wahrsten Sinne gepflastert mit blauen Flecken, Schürfwunden, gebrochenen Knochen, Wunden, die genäht werden müssen,… jeder Skater muss da immer wieder durch. Es gibt keinen shortcut. Es ist eine Frage der Zeit, bis etwas passiert. Man muss lernen immer wieder aufzustehen und es nochmal und anders zu probieren. Man lernt damit viel fürs Leben. Deshalb ist wohl Skateboarding der einzige Sport in der Welt bei dem auch alle Wettbewerber jubeln und sich freuen, wenn einem von uns eine Line oder ein Trick gelingt, auch im Wettbewerb, an dem man hart gearbeitet hat und deshalb gewinnt. Die Community respektiert die Arbeit. Das gefällt uns am besten. Im Gegensatz zum Fußball in Deutschland gibt es auch nicht 80 Millionen Bundestrainer, die alles besser wissen und können als man selbst.  

Wie sieht die Skateboarding-Szene in Singapur aus? Wo und wie kann man trainieren? 

Wie überall ist die Skateboard-Szene heterogen, nicht besonders organisiert, aber dennoch lebendig. Seit Skateboarding seine Olympiapremiere bei den Olympischen Spielen in Tokio 2020 feierte, hat sich bereits einiges verändert, auch wenn Singapur keinen klaren Fokus auf Skateboarding legt. 

Leider verfügt Singapur nicht über bedeutende Indoor-Parks. Es gibt lediglich zwei kleinere Indoor-Parks, was dazu führt, dass man auf drei Haupt-Outdoorparks und auf das Wetter angewiesen ist: den Xtreme Skaterpark (East Coast), Lakeside (West Coast) und Somerset. Jeder hat seine Vor- und Nachteile. Somerset ist bereits sehr veraltet, und der Xtreme Skatepark, der seit über 10 Jahren besteht, sollte entweder neu gebaut oder umfassend saniert werden. Wasser dringt nach Regen in die Bowls ein, und die Oberflächen sind sehr rau. Der Park „frisst“ Schuhe, Kleidung und Decks – bei Felix sind sie oft bereits nach vier Wochen völlig verschlissen. Es gibt auch Tage, an denen Schuhe nach nur einem Wochenende durch intensives Training hinüber sind. Das hängt davon ab, welche Tricks er übt und wie oft er stürzt. Lakeside wurde erst 2022 eröffnet. Daneben gibt es noch einige sehr kleine Parks wie Eunos oder am National Stadium und einige Miniramps, die während der COVID-Zeit sehr hilfreich waren. Leider gibt es jedoch keinen Park in Olympia-Qualität. Deshalb trainieren wir so oft wie möglich im Ausland, hauptsächlich in Bali, Australien oder der Schweiz. 

Trotz der begrenzten Skatepark-Optionen gibt es in Singapur einige gute Coaching-Möglichkeiten, die man in Betracht ziehen sollte. Die Auswahl hängt davon ab, welche Ziele man verfolgt und welches Können man bereits mitbringt.

Felix, wir haben gehört, dass du im Sommer bei den Nationalen Skateboarding Meisterschaften der Youth Category Gold und in der Men‘s Category Silber gewonnen hast. Kannst du uns ein bisschen mehr von den Meisterschaften erzählen? Hast du zum ersten Mal daran teilgenommen? 

Die Nationalen Skateboarding-Meisterschaften fanden im Juni 2023 erstmals nach der COVID-Pandemie statt, nachdem sie zweimal verschoben wurden. Diese Meisterschaften sind von großer Bedeutung, da man derzeit nur über das Nationale Ranking die Möglichkeit hat, an internationalen/regionalen Wettbewerben teilzunehmen, wie zum Beispiel den SEA Games, Asian Games, und es ist auch der Weg zu den Olympischen Spielen. Nach meinem Sieg wurde ich ins Singapore National Team aufgenommen. Das bedeutet im Grunde, dass ich offiziell für Singapur als Athlet bei Wettbewerben antreten kann, allerdings muss dies vor jedem Wettbewerb bestätigt werden. Es bedeutet jedoch nicht, dass ich automatisch Unterstützung wie Flüge, Unterkünfte oder Training erhalte. Derzeit gibt es auch noch kein nationales Trainingsprogramm, alles befindet sich noch im Aufbau. Ich bin auf Sponsoren angewiesen, und in meinem Fall sind das hauptsächlich meine Eltern, da ich für die wichtigsten Sponsoren noch zu jung bin und nicht in ihre Compliance-Regelungen passe – das verstehe ich jedoch. 

Ich habe also zum ersten Mal an den Meisterschaften teilgenommen (in der Park-Kategorie) und mich intensiv darauf vorbereitet. Dass ich zusätzlich in der Männerkategorie die Silbermedaille gewonnen habe, hat mich natürlich sehr gefreut. Meine Line war sehr konsistent, während andere, ältere Wettbewerber vielleicht weiterentwickelt waren, aber Fehler gemacht haben. Ich hingegen nicht. Leider war Sean krank, als der Wettbewerb stattfand. Wahrscheinlich wäre er auch zu jung gewesen, um bereits zu gewinnen, da er gegen Wettbewerber bis 16 Jahre antreten müsste. Aber er hat bereits viele der Games4Groms-Wettbewerbe in seiner Altersklasse gewonnen. 

Für mich persönlich gilt es nun, zu sehen, wie es sportlich weitergeht und wie sich meine Ambitionen entwickeln. Ich habe auch Kontakt zum Olympischen Skateboarding-Team in Deutschland. Wenn es hier nicht weitergeht, besteht die Möglichkeit, dass ich in Deutschland aktiv werde oder sogar nach Kalifornien umziehe. 😊 

Wie geht es für Felix und Sean weiter? Ist die Teilnahme an weiteren Meisterschaften geplant?  

Felix hat sich in den letzten Monaten intensiv auf den Wettbewerb der World Skate Tour in Dubai vorbereitet und an der Park Competition vom 25. Februar bis zum 3. März teilgenommen.

Dieser Wettbewerb war auch die letzte Gelegenheit für Athleten, sich für die Olympischen Spiele 2024 in Paris zu qualifizieren, obwohl dies nicht Felix‘ primäres Ziel war. Es gibt keine Jugendkategorie, und die weltbesten Skateboarder haben daran teilgenommen. Das Leistungsniveau war hoch. Unsere Aufgabe bestand darin, Felix so vorzubereiten, dass er die Eindrücke und Erkenntnisse in Motivation statt Frustration umwandelt. Felix hat sich mental und auch technisch sehr gut behauptet. 

Des Weiteren stehen für 2024 die Asian Indoor and Martial Arts Games in Bangkok auf dem internationalen Plan. Dabei handelt es sich um eine pankontinentale Multisportveranstaltung, die alle vier Jahre unter Sportlern aus ganz Asien ausgetragen wird. Es ist noch nicht ganz klar, ob neben Skateboarding Street auch Park aufgenommen wird. Derzeit gibt es in Bangkok keinen wettbewerbsfähigen Park. Weitere wichtige Termine sind die Singapore Skateboarding Championship und insbesondere die SEA-Games im Jahr 2025. 

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