ALUMNI – Interview mit Lukas Schmiele

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Lukas Schmiele war von 2006 bis 2017 an der GESS, hat insgesamt 11 Jahre in Singapur gelebt und fast seine gesamte Schulzeit von der 2. Klasse bis zum Abitur an der GESS verbracht. Wir haben kürzlich davon erfahren, dass er sehr erfolgreich seinen Master of European Studies in Belgien abgeschlossen hat und da wollten wir natürlich ein bisschen mehr erfahren.

War das für dich eine große Umstellung von der Grundschule in Deutschland an die GESS in Singapur zu wechseln? 

Laut meinen Eltern hat es bei mir circa ein halbes Jahr gedauert. Am Anfang war ich noch ein bisschen scheu, vor allem weil so viele Englisch gesprochen haben auf dem Pausenhof und das konnte ich damals noch überhaupt nicht. Aber das änderte sich schnell. Trotzdem gibt es noch ein paar lustige Geschichten aus unserer Anfangszeit: Mein Bruder und ich dachten lange, dass das nur ein Urlaub ist und dass wir irgendwann wieder zurück nach Deutschland reisen. Als auch unsere Möbel ankamen und alle Spielsachen da waren wurde uns beiden langsam klar,  dass es wohl doch so schnell nicht wieder nach Deutschland zurückgehen wird. Ein anderes Mal waren wir im Botanischen Garten Eis essen und mein Bruder und ich wollten dieses rote Himbeereis essen. Wir haben dann beide eine Kugel bekommen, reingebissen und beide gleichzeitig angefangen zu weinen, weil es sich als das lokale Red Bean Eis herausstellte.

Lukas mit seinem Bruder Jarno während ihres ersten Jahrs in Singapur

Wie ging es nach deiner Zeit an der GESS für dich weiter? 

Nach dem Abitur bin ich direkt nach Deutschland zu meinen Großeltern in die Nähe von Berlin gezogen. Allerdings wusste ich so überhaupt nicht, was ich studieren wollte. Zwar habe ich mich schon in der Schule damit befasst und es gab auch Beratungsangebote an der GESS, aber ich wusste trotzdem ziemlich lange nicht, wo es hingehen soll.

Ich habe mich schon damals für Politik und wirtschaftliche Zusammenhänge interessiert, wusste aber nicht so ganz wie ich das zusammenbringen soll. Ich habe deshalb entschieden noch nicht direkt mit dem Studium zu beginnen, sondern habe in dem Jahr nach meinem Schulabschluss unterschiedliche Praktika in einem Start-Up und in einer Parteizentrale gemacht, um mal in unterschiedliche Bereiche reinzuschnuppern. Am Ende habe ich mich dafür entschieden den Bachelor in Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre an der Universität Potsdam zu studieren.

Wie war denn für dich der Übergang vom Schulleben über Praktika zum Studierendenleben? 

Ich bin Ende 2017 alleine nach Berlin gezogen und habe mir mit einem Freund, Miki, eine Wohnung gemietet. Das war ein lustiger Zufall, denn Miki hat damals sein Abitur an der deutschen Schule in Kuala Lumpur gemacht. Ich habe an der GESS in der Big Band gespielt und viel Sport gemacht, da gab es regelmäßig Austausch mit der deutschen Schule in Kuala Lumpur. In Berlin hingen eine Singapurflagge und eine Malaysiaflagge in der Küche. Sobald die Wohnungssituation bei mir geklärt war, ging die Studiengangsuche recht einfach, weil klar war, dass ich in Berlin oder Potsdam studieren wollte. Nach den Praktika habe ich auf mein Bauchgefühl gehört und mich einfach dafür entschieden die Kombination aus Politik und Wirtschaft zu studieren.

Du hast letztes Jahr einen herausragenden Masterabschluss in Brüssel gemacht und wir sind natürlich neugierig, was du genau gemacht hast und was dich dazu bewogen hat in Brüssel zu studieren. Kannst du uns ein bisschen mehr darüber erzählen und auch über deinen Advanced Masters, den du gerade absolvierst? 

Warum ich überhaupt hier nach Belgien gegangen bin, liegt daran, dass ich relativ schnell herausgefunden habe, dass die internationale Handelspolitik, welche mich am meisten interessiert, gar nicht in Deutschland, sondern hauptsächlich in der EU gemacht wird. So bin ich dann für den Master an die KU Leuven, eine der ältesten Universitäten in Europa rund 20 Minuten von Brüssel entfernt, weitergezogen.

In dem Master of European Studies lernt man im Wesentlichen wie die EU funktioniert und warum es am Ende dann doch oft nicht so ausgeht, wie man es eigentlich erwartet oder gehofft hätte. Ich finde gerade diese bunte Mischung aus unterschiedlichen Nationen, Sprachen, Kulturen und politischen Interessen sehr spannend. In dem interdisziplinären Studiengang aus Politik-, Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften habe ich mich darauf fokussiert, wie die EU ihre Wirtsschafts- und Handelspolitik fairer und nachhaltiger ausrichten kann. Diesen Master habe ich letztes Jahr abgeschlossen und mich dann entschieden noch einen weiterführenden Master in demselben Fachbereich zu machen. Im Rahmen dieses Programms studiere ich gerade in Paris und schaue mir genauer an, wie der Gesetzgeber gemeinsam mit Unternehmen resilientere und umweltfreundlichere Lieferketten implementieren kann.

Was hast du aus deiner Zeit an der GESS mitgenommen, wo du das Gefühl hast, das hilft dir jetzt in der Studienzeit?  

Dadurch, dass an der GESS regelmäßig Kinder kommen und gehen, habe ich gelernt, mit neuen Menschen zu interagieren und hatte deswegen nie ein Problem damit Freunde zu finden oder selbst auch aktiv auf Leute zuzugehen. Was mir aber jetzt auch im Nachhinein im Studium wirklich zu Gute kommt ist, dass ich während meiner Zeit an der GESS ein grundlegendes Interesse für andere Meinungen entwickeln durfte.

In meinem Studium und während meiner Arbeit im Bundestag geht es oft darum, aus unterschiedlichen Meinungen einen Kompromiss zu finden. In Gesprächen versuche ich immer zu verstehen, wie die anderen zu ihren Standpunkten kommen. Diese Offenheit kommt auch daher, dass ich an der GESS immer sehr interaktive Unterrichtsformate hatte, wo viel diskutiert wurde und man eigene Projektarbeiten hatte. Ich kann mich beispielsweise noch genau daran erinnern, wie wir damals zur Wahl von Donald Trump im Englischunterricht mit Herrn Rieckmann und Frau Behnke an der Tafel die live Hochrechnungen verfolgt und diskutiert haben.

Zudem haben wir an der GESS oft Präsentationen halten dürfen. Als ich dann an der Uni Vorträge halten musste oder in der Arbeit mal einer Besuchergruppe erklären sollte wie der Bundestag funktioniert, war das nie etwas super Ungewohntes, weil ich das aus der Schule schon kannte.

Hast du Tipps für unsere Schülerinnen und Schüler?  

Mein erster Tipp ist, sich die Zeit zu nehmen und durch Praktika zum Beispiel herauszufinden, was man machen will. Mir hat das sehr geholfen, dass ich mir nach dem Abitur das eine Jahr dafür genommen habe.

Mein zweiter Tipp lautet, bei der Studienwahl einen Blick über Deutschland hinaus zu werfen. In meinem Bachelor hat es mich gestört, dass vieles nur auf Deutsch unterrichtet wurde. Schülerinnen und Schüler an der GESS haben in der Regel sehr gute Deutsch- und Englischkenntnisse; viele sind sogar bilingual aufgewachsen. Das ist ein super Vorteil und deshalb lohnt es sich auch einen Blick ins europäische Ausland zu werfen, wo man sehr viel häufiger auf Englisch und wie in meinem Fall auch fächerübergreifend studieren kann.

Ansonsten kann ich nur empfehlen während des Studiums, soweit möglich, zu arbeiten. Ich hatte zum Beispiel die Möglichkeit für unterschiedliche Abgeordnete im Deutschen Bundestag oder als Tutor am Lehrstuhl zu arbeiten. Also in Jobs, wo ich nochmal Dinge gelernt habe, dich mich in meinem Fachbereich weiterbringen. Diese Erfahrung hilft einem später enorm weiter und nimmt oft auch so ein bisschen den Stress im Studium, wenn man sagen kann: Ich bin nicht nur Student, sondern ich definiere mich auch über meinen Studijob. Dann ist es auch nicht ganz so schlimm, wenn eine Klausur mal nicht so gut läuft, weil man eben neben dem Studium noch andere Qualifikationen entwickelt, die einen weiterbringen.

Bild rechts: Arbeiten im Bundestag – Lukas mit Bundeskanzler Olaf Scholz

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