ALUMNI – Interview mit Marie Mattock

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Name

Marie Mattock, als ich zur Schule ging hieß ich noch Marie Schruff.

Schulzeit an der GESS

1991-1998

Abitur

1998

Wie ging es nach deiner Zeit an der GESS für dich weiter?

Nach meinem Schulabschluss verbrachte ich ein Jahr in Paris, um mein Schulfranzösisch auf Konversationsniveau zu bringen. Danach studierte ich an der University of Bath in England und machte meinen Bachelor in Biologie. Im Anschluss daran wurde mir eine Stelle in einem Labor, ebenfalls in Bath, angeboten, um in Molekularbiologie der Pflanzen zu promovieren.

Ich beschloss, nach Abschluss meiner Promotion nicht in der Wissenschaft zu bleiben. Ich entschied mich stattdessen im Vertrieb zu arbeiten und begann für ein amerikanisches Unternehmen als Vertriebsmitarbeiterin zu arbeiten und Kunden in ganz Europa zu betreuen. Ich habe in diesem Unternehmen Karriere gemacht und bin jetzt Managerin des gesamteuropäischen Teams. Das Unternehmen vertreibt wissenschaftliche Instrumente, wie Testgeräte und Mikroskope. Ich betreue nun ein Team von technischen ExpertInnen.

Mir war es immer wichtig, ein Ziel zu haben. Während meiner Schulzeit bin ich geritten, und ich wollte immer ein eigenes Pferd haben. Die Haltung eines Pferdes ist in Singapur allerdings ziemlich teuer, also ging das nicht. Als ich anfing zu arbeiten, habe ich ein Bild von einem Pony auf mein Visier im Auto geklebt, und immer wenn ich mein Visier herunterklappte, sah ich das Bild. Wenn ich dann im Stau auf der Autobahn saß, dachte ich mir: „Eines Tages, Pony! Eines Tages wirst du mir gehören.“ Ich habe sichergestellt, dass ich Karriere mache, um mein Ziel eines Tages zu erreichen und besitze jetzt tatsächlich zwei Ponys.

Woran erinnerst du dich besonders gerne, wenn du an deine Zeit an der GESS denkst?

Ich liebe Tiere, und ich erinnere mich besonders gerne an die Zeiten, wenn wir wilde Tiere entdeckt haben, die sich über Nacht in die Klassenzimmer geschlichen hatten. Einmal haben wir einen Skorpion und einmal eine Schlange gefunden. Wir fanden diese Tiere normalerweise im Naturwissenschaftsraum, der zum Dschungel auf der Rückseite der Schule hin ausgerichtet war. Ich habe es auch geliebt, die Affen vorbeilaufen zu sehen.

Was vermisst du am meisten an deiner Zeit an der GESS?

Am Anfang habe ich meine FreundInnen und die Gemeinschaft vermisst, in der ich gelebt habe. Später habe ich das Gefühl der Sicherheit vermisst, zu wissen, wohin es geht, einen vorgezeichneten Weg zu haben und mich darauf verlassen zu können, denn in die große, weite Welt hinauszugehen, kann einen schon einschüchtern. Man muss auf sich selbst aufpassen und wissen, wohin man geht, und manchmal ist es nicht leicht diese Entscheidungen zu treffen.

Was vermisst du am meisten an deiner Zeit in Singapur?

Ich vermisse die Wärme und das gesellschaftliche Leben, das damit einhergeht, den endlosen Sommer. Ich liebe den Sommer. Ich lebe jetzt in England und obwohl es dort, wo ich wohne, wunderschön ist, ist mir immer kalt. Ich trage immer ein paar Schichten mehr als meine FreundInnen.

Hattest du Lieblingsorte in Singapur?

Ich habe direkt neben dem Bukit Batok Nature Park gewohnt und dort viel Zeit verbracht. In der Mitte des Parks gibt es einen Steinbruch mit einem wunderschönen Steinbruchsee, an dem ich manchmal ganze Nachmittage verbracht habe. Ich bin gern zum Newton Circus, zum Hawker Centre gegangen und habe Little India erkundet. Kleine Orte, an die ich mich sehr gerne erinnere.

Inwiefern hat deine Zeit an der GESS dein Leben geprägt?

In Singapur zu leben, bedeutet mehr oder weniger eine Minderheit in einer großen Metropole zu sein. Es lehrt einen, offen zu sein und andere Kulturen zu akzeptieren, wenn man sich dafür entscheidet, dafür offen zu sein. Außerdem lernt man zu verstehen, dass andere Menschen ein völlig anderes Leben führen können als man selbst. Und dennoch ist es wunderbar und anders und doch völlig normal für diese Menschen. Man kann lernen, Unterschiede zu akzeptieren und Probleme und Herausforderungen im Leben auf verschiedene Art und Weise anzugehen und zu lösen. Man lernt selbstbewusst in dem Wissen zu sein, dass es auch in Ordnung ist, wenn man etwas anders ist oder einen etwas anderen Ansatz hat.

Gibt es bestimmte Werte oder Fähigkeiten, die du mit deiner Zeit an der GESS in Verbindung bringst?

Von einem praktischen Standpunkt aus, denke ich, dass ich als Managerin eines vielfältigen europäischen Teams sicherlich die Sprachkenntnisse sowie ein gewisses Maß an Akzeptanz und die Fähigkeit, unterschiedliche Standpunkte zu verstehen, nutzen konnte. Das hat mir wirklich sehr geholfen. Außerdem habe ich Respekt vor Menschen, vor unterschiedlichen Fähigkeiten, vor der Vielfalt und der Stärke, die ein vielfältiges Team mit all seinen unterschiedlichen Fähigkeiten aufgrund der mannigfachen Hintergründe hat. Ich denke, dieses Wissen und das Verständnis für Vielfalt gehen sicher auf meine Zeit in Singapur zurück.

Was macht die GESS für dich besonders?

Ich finde, es war eine schöne Gemeinschaft in einer für viele von uns sehr neuen Welt, eine sehr neue Erfahrung. Das Besondere daran aber waren die Menschen. An einige LehrerInnen habe ich sehr gute Erinnerungen, zum Beispiel an Frau Yew, unsere Sportlehrerin. Ich denke sehr oft an sie, eigentlich immer, wenn ich Sport mache. Ich denke auch an unsere Schulleiter. Wir hatten einige wunderbare Schulleiter. Herr Schumann war unser letzter Schulleiter und ich erinnere mich sehr gern an ihn. Er hat meine Leidenschaft für Biologie geweckt, die ich dann später in meinem Studium weitergeführt habe. Aber auch das Konzept dieser kleinen deutschen Gemeinschaft, die ihren SchülerInnen eine deutsche Schulausbildung in Singapur ermöglicht und dieses kleine Stück Kultur bewahrt. Das mag ich wirklich.

Hast du Ratschläge oder Erfahrungen, die du gerne mit den derzeitigen SchülerInnen teilen würdest?

Mein Rat für euch ist, dass ihr euch immer wieder daran erinnert, was für ein großes Privileg ihr habt, in diesem Land zu leben und diese Schule besuchen zu können. Wertschätzt, wie viel Glück ihr habt, einige Jahre an dieser Schule und in dieser sehr angenehmen Umgebung verbringen zu können. Nehmt eine gewisse Bescheidenheit mit, eine gewisse Demut vor der Tatsache, dass andere Menschen nicht so privilegiert sind und viel schwierigere Herausforderungen bewältigen müssen, um das Bildungsniveau zu erreichen, das ihr wohl erreichen werdet. Seid euch gleichzeitig bewusst, dass manche Menschen viel härter arbeiten müssen, um dorthin zu gelangen, wo ihr jetzt schon seid. Seid bereit, anderen gegenüber großzügig zu sein und etwas von dem großen Privileg zu teilen, das euch zuteil wurde.

Ich bin zu einer Zeit ins Berufsleben eingetreten, als Frauen im Berufsleben gerade erst anfingen, in leitenden Positionen in Unternehmen mehr und mehr Einfluss zu nehmen. Es ist immer noch ein starkes Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern, vor allem in höheren Führungspositionen. Aber die Welt verändert sich, und Unternehmen, die sich für Vielfalt und eine vielfältige Belegschaft einsetzen, die sowohl kulturell als auch in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter ausgewogen ist, sind bessere Unternehmen, sie sind stärker. Und es ist angenehmer, in diesen Unternehmen zu arbeiten. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sich gelohnt hat, auf etwas zu bestehen, und dass es sich gelohnt hat, auf etwas zu drängen, weil ich weiß, dass ich mich allein auf meine Ausbildung und auf das, was ich mitbringe, verlassen kann. Ich weiß, dass ich genauso stark, genauso gut und genauso sachkundig und professionell bin wie jeder andere da draußen auch.

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