Ich heiße Max Blom. Ich war von 2008 bis 2015 an der GESS. Ich habe gegen Ende der 5. Klasse an der GESS angefangen und dort mein IB-Diplom gemacht.
Wie ging es nach deiner Zeit an der GESS für dich weiter?
Unmittelbar nach meinem Abschluss an der GESS nahm ich mein Studium an der NHTV University of Applied Sciences in Breda, Niederlande auf, die jetzt Breda University of Applied Sciences heißt. Ich begann einen Videodesign-Kurs mit Schwerpunkt auf Programmierung, wechselte aber nach der Hälfte des Studiums zu einem Studiengang, bei dem der Design-Aspekt im Vordergrund stand: die Entwicklung von Ideen und nicht deren Umsetzung. Nach meinem Abschluss wollte ich nicht sofort in die Spieleindustrie einsteigen. Ich wollte erst einmal meinen eigenen Weg gehen. Schon während meiner Studienzeit habe ich mit der Videografie angefangen. Nur so zum Spaß, weil ich mir eine Drohne gekauft hatte. So kam ich dazu, mein eigenes Unternehmen zu gründen, in dem ich etwa zwei Jahre lang als Videofilmer tätig war. Das hat mich durch die Covid-Zeit gebracht. Danach gründete mein Freund ein Video Game Studio, und während wir darüber sprachen, erkannte er, dass ich das nötige Wissen besaß, und stellte mich als Creative Direktor für das Projekt ein. Wir haben das Projekt finanziert, was sehr viel Spaß gemacht hat. Wir arbeiten auch immer noch daran, aber es ist eine großartige Erfahrung.
In meiner Rolle als Creative Direktor bin ich für eine Reihe von Aufgaben verantwortlich. Die erste besteht darin, dafür zu sorgen, dass das Spiel in die richtige Richtung geht: Ich entwickle Konzepte, finde Wege sie umzusetzen, und sorge dafür, dass das Team nicht überlastet wird, während es gleichzeitig hohe Anforderungen erfüllt. Zu meinen Aufgaben gehört es auch, neue Spielkonzepte zu entwickeln, Dinge, die wir in Zukunft in unser Repertoire aufnehmen könnten, und natürlich gehört auch das Team-Management dazu. Ich arbeite eng mit dem Kreativteam zusammen, um den Story-Aspekt zu managen. Da wir ein großes Open-World-Spiel entwickeln, ist es nur logisch, dass wir eine große Menge an Texten benötigen, die ich nicht alle selbst schreiben kann. Am liebsten mag ich an meiner Arbeit das Reisen. Ich reise zu vielen Konferenzen, treffe viele Investoren und andere Partner, um Kontakte zu knüpfen und Gelder zu sichern, damit wir weiterarbeiten können. Seit ich letzten Oktober/November meine Aufgabe für dieses Unternehmen aufgenommen habe, waren wir bereits auf Mallorca in Spanien, in San Francisco, in Los Angeles, dieses Wochenende geht es nach Zypern, nächsten Monat werden wir in Austin, Texas und New York City sein, vielleicht sogar auf den Malediven für einen kleinen Urlaub im August. Demnächst findet eine Konferenz in Singapur statt, und ich werde versuchen, meine Mutter zu besuchen, die immer noch dort wohnt.
Der einzige Nachteil ist die Tatsache, dass wir alle von zuhause arbeiten. Deshalb sitze ich ziemlich oft am Schreibtisch vor meinem Computer. Als Ausgleich arbeite ich nachts als DJ in örtlichen Bars, ca. 2 bis 3 Abende pro Woche, so dass ich meine ganze soziale Energie gut einsetzen kann.
Woran erinnerst du dich besonders gerne, wenn du an deine Zeit an der GESS denkst?
Ich habe an der East Coast gewohnt und der Schulbus kam jeden Morgen sehr früh, ich glaube so gegen 6.30 Uhr, um den ganzen Verkehr zwischen der East Coast und Bukit Timah zu umgehen. Wir kamen also etwa 20 Minuten vor Unterrichtsbeginn in der Schule an, und ich war somit immer einer der Ersten in der Schule. Ich saß im Forum und wartete darauf, dass meine Freunde einer nach dem anderen auftauchten. Während ich mich also mit meinem Handy beschäftigte, tauchte ein Freund auf, dann der Zweite, und plötzlich war ich von meinen Freunden umgeben und wir quatschten einfach. Das war eine tolle Art, jeden Morgen zu beginnen. Wie man sich wahrscheinlich schon denken kann, bin ich ein sehr geselliger Mensch. Es war ok zuhause zu sein, aber in der Schule hatte ich so viele Leute, mit denen ich über so viele verschiedene Dinge reden konnte.
Auch heute noch statte ich der Schule sehr gerne Besuche ab. Ich weiß nicht, wer von meinen Freund/-innen im Kollegium noch an der Schule ist. Als ich das letzte Mal dort war, hatte ich ein wirklich sehr interessantes Gespräch mit Alison Samuels. Frau Samuels war großartig. Zu meiner Schulzeit haben wir uns unterhalten, als wären wir schon seit 50 Jahren befreundet. Frau Verry, die beste Deutschlehrerin aller Zeiten, mit Abstand. Ich kann immer noch nach Deutschland reisen und Deutsch sprechen, und das habe ich nur ihr zu verdanken. Herr Walton war einfach ein fantastischer Lehrer und ein toller Gesprächspartner. Eine großartige Gemeinschaft!
Was vermisst du am meisten an deiner Zeit an der GESS?
Was ich wahrscheinlich am meisten vermisse, ist, wenn alle an einem Ort zusammenkommen, um individuelle Versionen desselben Ziels zu erreichen (den Abschluss). Wie ich bereits erwähnt habe, arbeite ich von zuhause, so dass ich viel Zeit damit verbringe, online mit Leuten zu sprechen, und das ist in Ordnung, aber ich habe gerade heute Morgen gehört, dass wir ein Büro bekommen haben, also werde ich bald in einem Büro sitzen. Das wird mir eine Menge Spaß machen, und es werden weitere Leute dazukommen, so dass dieses Gefühl vielleicht zurückkommt.
Außerdem vermisse ich es weniger Verantwortung im Leben zu haben und mich zum Beispiel nicht um Miete und Geld für Lebensmittel kümmern zu müssen.
Was waren deine Lieblingsorte in der Schule und in Singapur?
Das Forum, direkt an der Treppe. Das oberste Stockwerk des C-Blocks, über der Bibliothek, mochte ich sehr. Ich habe auch viel Zeit in der Bibliothek selbst verbracht. Ich und die Bibliothekarinnen waren sehr gute Freunde.
In Singapur war das Cathay Cineleisure ein Ort, an dem ich sehr viel Zeit verbracht habe. Im Alter von 13 bis 16 Jahren ging ich gerne mit meinem Freund Jack in die Kinos und in die Spielhalle, um Spiele zu spielen und über das Leben zu reden.
Wir alle haben immer noch Kontakt zueinander. Ich habe einen Gruppenchat mit meinen Freunden Sebastian und Naski. Wir schreiben uns immer noch alle paar Tage, wir treffen uns einmal im Jahr, wir bemühen uns zumindest darum. Wegen Covid mussten wir ein Treffen ausfallen lassen, aber letztes Jahr haben wir uns getroffen und dieses Jahr werde ich Seb in Montreal besuchen. Ich bin auch in einem Gurppenchat mit den Jungs aus meinem Schauspielunterricht.
Inwiefern hat deine Zeit in Singapur und an der GESS dein Leben beeinflusst?
Ich denke, sie hatte definitiv einen Einfluss darauf, wer ich jetzt bin, die soziale Person, die ich geworden bin. An der GESS gab es viele Situationen, in denen wir gelernt haben, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und zu erledigen, z. B. eine Klassenparty zu veranstalten oder Material aus dem Kunstraum zu besorgen, um eine Kunstaufgabe fertigzustellen. Es sind diese kleinen Erinnerungen, an die ich gerne zurückdenke und die mir geholfen haben, zu dem zu werden, der ich heute bin: ein innovativer Mensch, der die Dinge aus einem kreativen Blickwinkel betrachtet. Als ich an meinem ersten Tag an der Universität anfing, wurde der Lehrplan umgestellt. Wir waren der erste Jahrgang mit einem neuen Lehrplan, und alle waren in Panik, sie wussten nicht, was los war. Ich war der Einzige, der entspannt war, denn ich hatte gelernt, dass sich die Dinge irgendwann aufklären werden. Im gleichen Kurs bekamen wir ein Dokument, in dem stand, was wir im Laufe des Semesters zu tun hatten. Ich schlug die letzte Seite auf und entdeckte das Bewertungsschema, weil man mir an der GESS eingebläut hatte, dieses zu lesen. Es handelt sich dabei im Grunde um einen Spickzettel, der einem sagt, was man tun muss, um zu bestehen. Ich habe das Bewertungsschema gelesen und es verstanden. Ich war einer von nur sieben Schülern, die noch nie programmiert hatten, in einer Klasse mit 70 Schülern. 10 % von uns wussten also nicht, wie man programmiert. Von diesen sieben setzte sich einer hin und lernte sehr schnell, wie man programmiert, was sehr anstrengend ist. Ich glaube, er hat ganze zwei Monate lang nicht geschlafen. Die anderen fünf verließen den Kurs bald, und ich musste nur das Bewertungsschema lesen und zeigen, dass ich etwas gelernt hatte. Während also alle an großen, riesigen Aufgaben arbeiteten, weil sie wussten, wie man programmiert, wusste ich es nicht und reichte dieses winzig kleine Minispiel ein, von dem man mir sagte, es sei nicht genug. Ich konnte jedoch auf das Bewertungsschema und die Anforderungen für das Bestehen des Kurses verweisen. Ich saß also in meiner Besprechung mit den Prüfenden, während sie ihr eigenes Bewertungsschema lasen, und zugeben mussten, dass ich Recht hatte und die Anforderungen erfüllte. Und das alles dank der Tatsache, dass mir an der GESS acht Jahre lang immer wieder jemand mit dem Hammer auf den Kopf gehauen und gesagt hatte, ich soll das Bewertungsschema lesen!
Was hast du während deiner Zeit an der GESS gelernt, das du im Nachhinein zu schätzen gelernt hast?
Ich würde nicht sagen, dass es etwas ist, was man unbedingt lernt, sondern es ist vor allem die Erkenntnis, dass ich Glück hatte, in einer internationalen Gemeinschaft zu sein, umgeben von Leuten, die in die ganze Welt gehen und mit denen man Freundschaften schließen kann. In jeder Stadt, in die ich jetzt reise, kenne ich jemanden, mit dem ich mich dort treffen kann. Hinzu kommt die Erfahrung, dass wir alle in einem angenehmen, warmen Klima zusammenkamen und auf eine großartige Schule mit tollen Lehrkräften gingen, die wir in dem Moment vielleicht nicht so sehr zu schätzen wussten. Offensichtlich blicke ich jetzt mit einer rosaroten Brille zurück. Ich war kein sehr guter Schüler. Die Schule ist nichts für mich, das weiß ich jetzt, und ich hoffe, dass andere Leute, denen es ähnlich geht, einfach ihr Ding machen und wissen, dass es an der Universität viele Möglichkeiten gibt, wirklich coole Sachen zu machen. Ich hatte keine einzige Prüfung an der Universität, es war alles projektbasiert. Ich habe vier Jahre lang nichts anderes gemacht, als Spiele zu entwickeln, und das war phänomenal. Aber ich glaube, während meiner Schulzeit konnte ich die Möglichkeiten, die sich mir boten, und das Umfeld, in dem ich mich befand, einfach nicht richtig wertschätzen. Einfach nur, weil ich mir Sorgen um gute Noten gemacht habe.
Hast du Ratschläge, die du unseren derzeitigen Schüler/-innen mit auf den Weg geben möchtest?
Wenn ich alles, was ich in meiner Zeit an der GESS und bis jetzt erlebt habe, in einem einzigen Ratschlag zusammenfassen müsste – und das mag sich vielleicht etwas seltsam anhören – aber ich glaube wirklich fest daran, dass man das Selbstvertrauen haben muss, etwas zu tun und es so lange zu versuchen, bis man es schafft. Das gilt nicht für Situationen, in denen es um Leben und Tod geht! Aber es gab so viele Situationen, in denen sich mir eine Gelegenheit geboten hat, die ich einfach ergriffen habe, und jetzt habe ich ein fantastisches Leben und mache jeden Tag coole Sachen, nur weil ich eine gute Gelegenheit entsprechend genutzt habe. Ich habe mir zum Beispiel eine Drohne gekauft, weil ich sie cool fand. Ich hatte vorher noch nie eine Kamera in der Hand, aber jemand fragte mich, ob ich einen DJ in einem Club filmen könnte, und ich sagte ja. Und dann habe ich herausgefunden, wie. Ich habe mir von der Uni eine Kamera geliehen, habe drei Tage lang gelernt, wie man damit filmt, und dann habe ich ein wirklich schreckliches Video gedreht. Zum Glück sind der DJ und ich jetzt beste Freunde, er hat erkannt, dass ich ein gewisses Talent und Potenzial habe, und er hat beschlossen, mich unter seine Fittiche zu nehmen. Nur weil ich die Chance ergriffen habe. Und jemand hat gleichzeitig auch mir eine Chance gegeben. Das ist also mein zweiter Ratschlag: Sei sympathisch. Nicht seltsam.