Name
Robert Meyer
Schulzeit an der GESS
1978-1992
Abitur
1992
Wie ging es nach deiner Zeit an der GESS für dich weiter?
Nach dem Abschluss ging es für mich nach Deutschland. Ich habe die meiste Zeit meines Lebens in Singapur gelebt, da wir hierhin gezogen sind als ich weniger als ein Jahr alt war. Das war also mein erster richtiger Aufenthalt in Deutschland, der über einen verlängerten Urlaub hinausging. Ich zog nach Hamburg, wo ich von ’93 bis ’95 eine Ausbildung bei der Dresdner Bank – jetzt Teil der Commerzbank – gemacht habe. Danach habe ich von ’95 bis ’99 mein Wirtschaftsstudium an der European Business School in Oestrich-Winkel absolviert, und bin dann zurück nach Singapur gekommen.
Was machst du beruflich?
Momentan bin ich Vollzeit-Investor. Ich habe meine Karriere in unserem Familienunternehmen begonnen, das inzwischen verkauft wurde. Anfangs war es meine Aufgabe, deutsche Produkte in Asien zu bewerben. Ich war einer derjenigen, die mit einem Koffer voller Kataloge, Materialien und Muster nach Indonesien, Thailand, Malaysia und so weiter gereist sind. Ich habe dann 2005 eine Venture-Firma gegründet, die schließlich in einer börsennotierten Firma hier in Singapur resultierte, die ich bis letztes Jahr geleitet habe. Mitte letzten Jahres habe ich mich aus dieser Firma zurückgezogen. Seitdem bin ich ein Vollzeit-Investor und führe das Unternehmen meiner Familie.
Könntest du uns mehr über BluCurrent erzählen? Wir haben gehört, dass das ein Projekt ist, an dem du gemeinsam mit einem ehemaligen GESS-Vorstandsmitglied arbeitest?
Ja, klar. Als Investor versuche ich, die richtigen Leute für die richtige Gelegenheit zur richtigen Zeit zu finden, und eine dieser Gelegenheiten ist Singapore Aquaculture Technologies, eine digitale Fischfarm hier, die übrigens von zwei Deutschen betrieben wird. Einer von ihnen saß im Vorstand der GESS, Dr. Dirk Eichelberger. Er ist ein Freund und er hatte diese wirklich spannende Idee zusammen mit seinem Geschäftspartner, Dr. Michael Voigtmann. Ich hatte das Glück, am richtigen Ort zu sein und sie unterstützen zu können, also bin ich sowohl Investor als auch Direktor in diesem Unternehmen. Dort züchten wir tropische Fische, mittlerweile vier Arten: Barramundi, Schnapper, Zackenbarsch und Fadenflosser. Wir züchten sie in Wasserbecken auf einer schwimmenden Plattform mit einem voll digitalisierten Zuchtsystem, das es uns ermöglicht, eine viel höhere Produktivität und niedrigere Betriebskosten zu erzielen und Fische zu produzieren, die nicht mit Antibiotika behandelt werden. Das ist genau die Art von Nahrung, die wir zu uns nehmen wollen. Und es ist das einzige tierische Protein, das man in Singapur in großem Maßstab produzieren kann. Das ist also ein wirklich spannendes Projekt. Ich habe Dirk, den CEO, über meine Frau kennen gelernt, als meine Frau im Vorstand der GESS war. Es ist also quasi ein GESS-Baby, wenn man so will.
Deine Familie war über die Jahre auf ganz verschiedene Weise Teil unserer Schulgemeinschaft. Kannst du uns ein bisschen mehr davon erzählen?
Ich habe viele schöne Erinnerungen an die GESS. Ich finde, die GESS ist eine wunderbare Schule, vor allem in der Grundschule, einfach weil sie vielleicht ein bisschen mehr Dorfschule ist, vor allem als der alte Campus noch in der Jalan Jurong Kechil war. Meine Frau ist Singapur-Chinesin, aber wir haben uns entschieden, dass unsere Kinder das europäische Schulsystem durchlaufen sollen, und wo könnte man besser damit anfangen als an der GESS? Inzwischen sind sie an einer anderen Schule: Als sie die Grundschule beendet hatten, hatten wir das Gefühl, dass das angelsächsische Sekundarschulsystem großartige Chancen bietet. Deshalb wechselten sie auf eine englische Schule mit dem Ziel, nach Großbritannien auf ein Internat zu gehen, wo mein Sohn nun ist und wo auch meine Tochter nächsten Sommer hingehen wird. Meine Frau in ihrer Rolle als fürsorgliche Mutter fühlte sich stark berufen, die Schule zu unterstützen, zunächst als freiwillige Helferin, als Elternvertreterin. So kam eins zum anderen und sie war dann, glaube ich, drei oder vier Jahre im Vorstand.
Woran erinnerst du dich besonders gerne, wenn du an deine Zeit an der GESS denkst?
Ich erinnere mich besonders gerne an zwei Dinge an der GESS:
Erstens, der Umzug von der Chatsworth Avenue nach Bukit Tinggi. Wir halfen, Möbel ins Lehrerzimmer zu tragen, wir halfen mit dem IT-System – es war ein sehr einfaches, aber immerhin gab es ein IT-System – und es bedeutete uns wirklich viel, dass wir diesen Input hatten. Wir hatten einen Anteil an der Schule und kannten wirklich jeden Winkel des Schulgeländes. Für SchülerInnen ist es etwas ungewöhnliches , sagen zu können: „Ich habe geholfen, die Schule in diese Räumlichkeiten zu bringen“, und das war großartig.
Die andere Sache, an die ich mich sehr gerne erinnere, waren unsere Klassenfahrten. Wir waren auf Bali, in Kuching, Ost-Malaysia, Tioman, wir hatten eine wirklich tolle Zeit. Und natürlich gab es damals noch kein Telefon, also bedeutete weg sein auch weg sein. Wir hatten 7 Tage lang wirklich ununterbrochen Spaß. Eine Erfahrung, die ich bis heute schätze.
Inwiefern hat deine Zeit an der GESS dein weiteres Leben geprägt und beeinflusst?
GESS hatte einen großen Einfluss auf mein Leben, einen positiven Einfluss! Vor allem wegen der Lehrer. In den für mich wichtigsten Jahren, von der 9. bis zur 13. Klasse, (Abitur war damals in der 13. Klasse), hatte ich eine außerordentliche Gruppe von Lehrern. Wir hatten einen Kunstlehrer, Christoph Wiegand, der mir beibrachte, wie man einen Text auseinander nimmt. Da dies noch vor der Online-Formatierung war, nahm er eine Schere und schnitt die Absätze heraus und formatierte das Ganze neu. Der Text war dann völlig anders. Das Editieren, vor allem im Hinblick auf Präzision und Inhalt, ist etwas, das in meinem Leben sehr wichtig war, da ich viele Geschäftspläne geschrieben und viele Dokumente gelesen habe. Das ist eine Fähigkeit, die ich auf meine Zeit an der GESS zurückführe.
Eine andere ist meine Neugier. Wenn ich sage, dass ich mich auf die Zukunft freue, dann deshalb, weil ich wissen will, was vor uns liegt. Ich bin jemand, der von Natur aus sehr neugierig ist. Wir hatten damals einen Lehrer für Naturwissenschaften, Herrn Lechner, der gleichzeitig Schulleiter war, aber auch Erdkunde und Biologie unterrichtete – sensationell! Er hatte kleine Dias, die er auf einem Dia-Karussell-Projektor hatte. Herr Lechner hatte im Nahen Osten gelebt, er war viel in der Welt herumgekommen und war ein begeisterter Fotograf. Ich schätze, dass er so um die 10.000 Dias gehabt haben muss. Unser Erdkundeunterricht basierte auf diesen Dias, wir haben uns also die Dias angeschaut und er erzählte uns von Felsformationen, von Kulturen, Menschen – was auch immer gerade das Thema war -, aber es wurde durch etwas unterstützt, was damals sehr ungewöhnlich war: wirklich persönliche interaktive Medien. Das war natürlich vor dem Internet.
Wir hatten außerdem einen Geschichtslehrer, Wolfgang Hinners, der ungewöhnlich international war. Er hat in Amerika studiert, glaube ich, und war auch überall auf der Welt gewesen. Er hatte ein sehr starkes Interesse an Geopolitik, also besprachen wir die globale Zusammenhänge nach dem Zweiten Weltkrieg nicht nur aus der Perspektive eines Lehrbuchs, sondern mithilfe von Medienclips. So brachte er uns bei, was die Medien über die Ermordung von JFK, Watergate oder was auch immer unser Thema war, mit Hilfe von Medienclips (damals Zeitungsausschnitte) und nicht nur mit Lehrbüchern. Bis heute ist Geopolitik und ein Bewusstsein für die Makro-Ebene eine sehr wichtige Sache in meinem Berufsleben. Die Neugier und das Bewusstsein, dass man Dinge tatsächlich beeinflussen kann, dass es wirklich an einem selbst liegt – das habe ich an der GESS gelernt.
Hast du Ratschläge oder Erfahrungen, die du gerne mit den derzeitigen Schülerinnen und Schülern der GESS teilen würdest?
Mein Rat an die derzeitigen GESS-SchülerInnen ist es, das, was Singapur bietet, bestmöglich zu nutzen. Ich habe als ich 14 oder 15 war mein erstes zweiwöchiges Praktikum in einer Firma gemacht, einer Reederei. Witzigerweise war das im selben Gebäude, in dem sich jetzt mein Büro befindet. Aber auch wenn ich nicht viel anderes gemacht habe, als Briefmarken zu verwalten, also die Post zu machen und abends die Briefmarken zu zählen, Kaffee zu kochen und solche Sachen, glaube ich nicht, dass so ein Praktikum damals an anderen Orten üblich war. Singapur ist sehr klein. Jeder kennt jemanden, der dir helfen kann. Ob es um kulturelle Erfahrungen geht, um die Sprache, um das Kennenlernen der Werte und der sozialen Normen, die Singapur ausmachen und die sehr komplex sind. Wenn es darum geht erste Erfahrungen im Berufsleben zu sammeln, wenn ihr ein Praktikum in einer Firma machen wollt, wenn ihr zum Beispiel auf unserer Fischfarm arbeiten wollt – sprecht uns an. Ich kann euch nur ermutigen so viele dieser Erfahrungen wie möglich zu machen. Denn sobald man GESS und vielleicht Singapur verlässt, ist die Welt viel größer und es ist vielleicht nicht mehr so einfach, diese Art von Erfahrungen zu machen.
Du gehörst auch zu den GESS Alumni und möchtest gerne deine Erinnerungen an deine Zeit hier mit uns teilen? Bitte schicke uns eine E-Mail an alumni@gess.sg, wir freuen uns darauf dich kennenzulernen!